Abenteuer mit ungewissem Ausgang
"Rot! Geschichten über die Liebe und andere unmögliche Begebenheiten" ein ungewöhnlicher Titel für ein ungewöhnliches Tanzkonzert. Eserzählte Geschichten von Liebespaaren, die Geschichte schrieben Kreuzlingen - Wer will da noch behaupten, die Jugend könne mit dem Begriff "Klassik" nichts anfangen? Ein Blick in die Aula des Seminars Kreuzungen zeigte ein erstaunlich gut durchmischtes Publikum (fast) aller Generationen. "Wir tanzen selber sehr gern. Aber Hip-Hop." Carmen und Vera aus St. Gallen, 15 und elf Jahre alt, gehören zu den rund 50 Personen, die am späteren Sonntagvormittag in den Sitzreihen Platz nehmen. Nun sind Hip-Hop und Klassik nicht in nächster Nachbarschaft angesiedelt. Aber heute steht das Thema Liebe auf der Bühne - und die vermag bekanntlich Unterschiede zu überbrücken. "Waren Sie schon einmal verliebt? Die Liebe ist ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang..." Mit diesen Worten eröffnete Simone Stieber "Rot! Geschichten über Liebe und andere unmögliche Begebenheiten". Ein Tanzkonzert, das die Liebesgeschichten berühmter Paare von Napoleon und Josephine bis hin zu Bonnie und Clyde erzählte, getanzt zu italienischen Liedern von Bellini, Rossini, Donizetti. Es nahm den Zuschauer mit auf eine emotionale Reise in die Vergangenheit: Amüsant, tragisch, poetisch, "himmelhochjauchzend" oder "zu Tode betrübt". Da schmunzelte das Publikum über die Passage, wie der streitbare Napoleon in der Hochzeitsnacht die Schlacht gegen den geliebten Mops der Josphine verlor, verfolgte mit, wie ein Gangsterpaar sich selbst in Szene setzt, oder schwelgte, wenn Dali und Gala sich in einer Liebe verlieren, die "nicht liebt, weil sie will, sondern weil sie gar nicht anders kann". Die Elemente Sologesang (Simone Stieber, Mezzosopran), Klaviermusik (Markus Horsch) und Geschichten und Choreografien (Jasmin Schneider, getanzt zusammen mit Veronica Oepen und Miriam Sauter) verbanden sich zu einem runden Ganzen oder welche Frau hat da nicht einen Teil ihrer Selbst entdeckt, als Veronica Oepen und Jasmin Schneider die sich gefällig im Spiegel betrachtende Josephine tanzten? Und das mit Bewegungen, so vertraut und verständlich, dass es keine Rolle spielt, ob sie nun in Elementen des klassischen Balletts oder der Graham-Technik wurzeln. Die Auswahl der Lieder und der Choreografien, abgestimmt auf die einzelnen Paare, weckten Liebesgeschichte für Liebesgeschichte Assoziationen. Ob starke Gesten und Benedetto Marcellos "Quella fiamma che m´accende" das Gangsterpaar Bonnie und Clyde beschreiben oder ob versiegende Bewegungen und Donizettis "Me voglio fä, na casa" das tragische Ende der Pazifistin Petra Kelly und des Friedensgenerals Gert Bastian erzählen... Komplimente zum Schluss Und wie stand es mit dem Ausgang des Abenteuers, ein nicht alltägliches Tanzkonzert auf die Bühne zu bringen? "Sehr schön finde ich, wie hier die Klassik mit modernen Sachen assoziiert wird. Die Verbindung von Gesang, Ballett und Geschichten ist gelungen." René Aebi aus Kreuzlingen zeigt sich auch von der stimmlichen Qualität beeindruckt: "Sie singt leicht, locker im Ansatz, ihre Stimme nicht." Und Christina Salis aus Kreuzlingen ergänzt: "Mir hat es sehr gut gefallen. Es wirkte so klar und charmant." Komplimente, die gab es dann auch aus der Ecke der jüngeren Generation: "Es war schön", versichern Vera und Carmen. "Auch wenn diese Art von Musik sonst nun wirklich nicht so unsere Sache ist." Hana Mauder Wick thurgauer zeitung vom mittwoch, 27. april 2005, ressort kultur |
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